Wort zum Sonntag für den 24. Mai 2020
Liebe Leserinnen und Leser,
mir kam es vergangene Woche so vor, als wären das die ersten warmen Tage im Jahr. Vielleicht liegt es auch daran, dass diese Wärme nicht nur der Sonne zu verdanken war: Ist es nicht schön, wenn das Leben spürbar wieder beginnt?
Die Vögel zwitschern, die Natur blüht. Mein Vater konnte endlich seine Tomaten raussetzen. Und es beginnt auch das Leben der Menschen wieder spürbar. Lokale öffnen, Schulen ebenso, sogar Fußball wird wieder gespielt. Bei aller gebotenen Vorsicht macht mich das froh. Denn Normalität sichert Arbeitsplätze, sichert Zukunfts-Chancen der Kinder und ist für unser Wohlbefinden wichtig.
Vielleicht spüre ich die Sonne aber auch deshalb bis in meine Seele, weil Gottesdienste wieder möglich werden. Natürlich kann ich Gott im persönlichen Gebet begegnen, natürlich sind Gottesdienste im Fernsehen eine wunderbare Erfahrung. Und natürlich weiß ich genau, dass derzeit noch nicht alle Menschen in die Kirche kommen können. Aber ist es nicht vielleicht auch ein Trost, wenn Sie Andere zum Gottesdienst gehen sehen? Gottesdienst ist ja schließlich nicht in erster Linie Event, sondern er ist Dienst an Gott und er ist ganz wesentlich auch Stellvertretung für all diejenigen, die nicht dabei sein können. Im Herz und in der Seele sind alle willkommen und, wenn Sie tief in sich hineinhören, sind Sie dabei, auch wenn Sie vielleicht mit einer Kerze an Ihrem Küchentisch sitzen.
Vielleicht ist diese Zeit auch eine Gelegenheit, den tieferen Sinn von Gottesdienst wieder neu zu entdecken. Geht es um die netten Gespräche? Geht es um die schönen Lieder? Geht es womöglich um die Predigt des Priesters? Oder geht es nicht zuerst um das Jubeln und Danken an Gott und um die Gemeinschaft, die wir Christen bilden?
Im Gebet verbunden – das ist ein üblicher Gruß unter Priestern, wenn sie e-mails schreiben. Im Gebet verbunden – das sind wir doch gerade im Gottesdienst, egal, ob eine Kirchenbank zwischen uns ist oder ganze Kontinente.
Im Gebet verbunden,
Mirko Millich