Es tut sich was! Betroffene hören – Missbrauch verhindern
Autorin: Dagmar Gerhards, Fachkraft für Kommunikation
Betroffene hören – Das klingt gut. Das klingt nach Aufmerksamkeit und Offenheit. Es klingt aber auch nach einer großen Aufgabe. Einer Aufgabe, die nicht das System, sondern die Verletzten und scheinbar Machtlosen in den Mittelpunkt stellt.
„Ich möchte Betroffenen von sexualisierter Gewalt so begegnen, dass sie sich gut aufgehoben und keinesfalls erneut verletzt fühlen.“ Diesen Satz würden heute sicherlich alle haupt-, neben- und ehrenamtlich Mitarbeitenden des Bistums Limburg für sich übernehmen.
Aber was genau heißt das? Und wie erreiche ich das?
Kommunikationsleitplanken sollen Orientierung bieten
Um den Mitarbeitenden des Bistums Sicherheit und Unterstützung in der Kommunikation mit Betroffenen zu geben, wurden Kommunikationsleitplanken entwickelt – eine Idee aus „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. In ihnen wird zum einen verdeutlicht, dass der Umgang mit betroffenen Personen im Bistum Limburg geprägt sein soll von Solidarität, Offenheit, Wertschätzung, Achtsamkeit, Geduld und Professionalität. Im Gespräch mit Betroffenen kann das beispielsweise heißen, weder sich noch die Institution zu verteidigen, sondern zuzuhören, ohne das Gesagte zu bewerten. Zum anderen geben Leitfäden Hilfestellungen für konkrete Situationen, etwa wie man einer Person am Telefon empathisch begegnen kann, die sehr aufgebracht oder wütend ist.
„Raus aus der Sprachlosigkeit – Wie begegnen wir Menschen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben?“
Wut und Verunsicherung kommen auch dort auf, wo sexualisierte Gewalt und Vertuschung innerhalb der Kirche bekannt werden. Dann braucht es Räume, in denen über das Unfassbare gesprochen werden kann. Und es braucht die Befähigung dies so zu tun, dass Betroffene erfahren können, dass ihre Anliegen gehört und verstanden werden. „Raus aus der Sprachlosigkeit – Wie begegnen wir Menschen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben?“ war ein offenes, digitales Format, welches Raum für beides, Befähigung und Austausch, eröffnete.
Eine Fortführung gibt es im September. An den vier Dienstagabenden (19:30 bis 21:15Uhr) sind Pfarreien digital eingeladen, die sich von einem Missbrauchsgeschehen besonders erschüttert fühlen, zum Beispiel weil sexualisierte Gewalt in ihrer Pfarrei stattgefunden hat.
Daraus werden weitere Formate für Einrichtungen und Pfarreien folgen. Ziel dieser wird es sein, den Sprachbedarf überall dort, wo er vorhanden ist, zu decken und dadurch die Sensibilität für betroffene Personen sowie die Sprachfähigkeit zum Thema insgesamt zu stärken.
Neue Website informiert über Intervention, Prävention und Aufarbeitung
Damit sowohl betroffene als auch grundsätzlich interessierte Personen übersichtlich und schnell Informationen und Kontaktwege zur Intervention, Prävention und Aufarbeitung finden, wurde zu diesem Themenfeld eine neue Website gestaltet. Unter gegen-missbrauch.bistumlimburg.de wird beispielsweise in einer Grafik dargestellt, wie das Bistum bei einer Meldung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Jugendliche oder schutzbedürftige Personen durch Bistumsmitarbeitende vorgeht.
Hintergrund:
Als Reaktion auf die 2018 veröffentlichte „MHG-Studie“ der Deutschen Bischofskonferenz entschied sich das Bistum Limburg im April 2019 zu dem Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. 70 Expertinnen und Experten hatten zur Aufgabe, die Missbrauchsfälle im Bistum Limburg aufzuarbeiten und Maßnahmen zu entwickeln, um zukünftig sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Diese 64 Maßnahmen werden seit Januar 2021 sukzessive von etwa 160 Menschen aus allen Bereichen des Bistums umgesetzt.
In der achtteiligen Themenreihe „Es tut sich was“ wird über die Inhalte und Relevanz dieser Maßnahmen informiert und bisherige Ergebnisse vorgestellt.
Parallel dazu finden Online-Veranstaltungen mit wechselnden Gästen statt. Eine Anmeldung dazu ist über die Homepage https://gegen-missbrauch.bistumlimburg.de/thema/aufarbeitung/ möglich. Hier finden Sie auch weitere Informationen.