Wort zum Sonntag für den 20. Juni 2019
Liebe Leserin, lieber Leser!
Demonstrationen sind wieder in Mode gekommen. Immer öfter gehen Menschen auf die Straße, um ihre Meinung Kund zu tun. Eine derartige Fülle von Demonstrationen kenne ich eigentlich nur aus meiner Jugendzeit (1958 geboren). Lange Zeit verebbten sie, die Gesellschaft wurde unpolitischer.
Zur Zeit sind besonders die Freitagsdemonstrationen der Jugendlichen im Gespräch, die für einen nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt eintreten und damit sowohl Politiker „aus der Reserve locken“ als auch uns Denkanstöße geben wollen.
Am Fronleichnamstag gehen jährlich die Katholiken auf die Straße, um zu demonstrieren. „Wie, katholische Christen demonstrieren?“, werden sie vielleicht fragen. Ja, es ist so! Nur heißt diese Demonstration dann Prozession.
Fronleichnam – ins Deutsche übersetzt „Leib des Herrn“. Mit diesem Leib des Herrn machen sich Katholiken, nach der Eucharistiefeier in der Kirche, auf den Weg und gehen singend durch die Straßen ihres Wohnortes.
Damit diese unscheinbare Brotscheibe, in der Christus zugegen ist, in der Menschenmenge auffällt, wird diese in einer Monstranz unter einem Baldachin getragen. Kommunionkindern übersetzte ich das Wort Monstranz mit „Zeigegerät“. Und mag dieses Zeigegerät noch so prunkvoll gestaltet sein, den höheren Wert hat Christus, der im Brot gezeigt wird und auf dem Prozessionsweg mitgeht.
Was demonstrieren die Katholiken denn da? Sie zeigen, dass Jesus nicht nur in den Kirchen, sondern im Alltag, ja in unseren Straßen unterwegs ist. Sie bringen somit das, was sonst in den Kirchen gefeiert wird, in den Blick der Menschen. Eine friedliche, unaufdringliche Demonstration ist dies.
Und: Wenn wir nach dem Kommunionempfang aus der Kirche kommen, sollen auch wir ganz persönlich, zur Monstranz - zum Zeigegerät - werden, das Jesu Liebe, Güte, Barmherzigkeit und heilbringendes Tun, Freunden und Nachbarn, aber auch Fremden und Feinden erfahrbar macht. … Demonstrieren sie mit?
Manfred Jüngling, Gem. Ref.